Internationale Aktion gegen die Beschneidung von Mädchen und Frauen
Waris Dirie gründet 2002 die Desertflower-Foundation Die Foundation hat das Ziel durch Öffentlichkeitsarbeit, Netzwerkarbeit, Informationsveranstaltungen und Schulungen sowie durch Direkthilfe diesem Verbrechen ein Ende zu setzen.
Schon 1995 wurde Christa Müller bei einem Besuch in Benin erstmals mit der grausamen Tradition der weiblichen Beschneidung konfrontiert. Von der Ehefrau des damaligen beninischen Staatspräsidenten um Hilfe gebeten, begann sie, Spenden zu sammeln, um einheimische Initiativen gegen das grausame Ritual in Benin zu unterstützen.
Anfang 1996 gründete Christa Müller dann in Saarbrücken die Internationale Aktion gegen die Beschneidung von Mädchen und Frauen - www.Intact-eV.de
Zweck von (I)NTACT ist es, über das Problem der weiblichen Genitalverstümmelung zu informieren und diese eklatante Menschenrechtsverletzung zu bekämpfen.
Wir im Jembatan unterstützen die Arbeit von Christa Müller
und dem Intact e.V. indem wir
- in unserer Praxis und auf unserer Homepage über die Genitalverstümmelung informieren
- als Fördermitglied im Verein Intact e.V. tätig sind
- die Arbeit mit unseren Spenden unterstützen
- durch den Verkauf von Büchern, deren Erlös dem Intact e.V. zu Gute kommt
Informationen zur Weiblichen Genitalverstümmelung (WGV) oder auch FGM (Female Genital Mutilation) genannt
Was ist FGM?
Weibliche Genitalverstümmelung ist ein destruktiver Eingriff, bei dem die weiblichen Geschlechtsteile teilweise oder ganz entfernt oder verletzt werden. Dadurch soll die sexuelle Lust der Frau verhindert werden. Die Verstümmelung findet meist vor der Pubertät statt, häufig bei Mädchen zwischen vier und acht Jahren, inzwischen auch vermehrt bei Säuglingen, die erst wenige Tage, Wochen oder Monate alt sind.
Weibliche Genitalverstümmelung ist Folter
Das Wort "Beschneidung" klingt harmlos. Die Praktik aber bedeutet Folter. Denn die Geschlechtsorgane der Mädchen und Frauen werden auf schlimmste Art verstümmelt. Und sie bleiben es ein Leben lang, denn der Eingriff ist nicht rückgängig zu machen. Das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit wird verletzt.
Wo kommt FGM vor?
Weibliche Genitalverstümmelung kommt vor allem in Afrika vor, besonders in Nordost-, Ost- und Westafrika. Es gibt sie aber auch im Nahen Osten, in Südostasien – und unter Einwanderern in Europa, den USA, Kanada, Australien und in Neuseeland vor. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind mindestens 150 Millionen Frauen weltweit davon betroffen, jährlich werden drei Millionen weiterer Mädchen Opfer der Verstümmelung. In Europa leben 500 000 verstümmelte oder von FGM bedrohte Mädchen und Frauen.
Nach Angaben der UNO werden täglich 8.000 Mädchen Opfer dieses unmenschlichen Rituals. Über 2.000 Mädchen sterben täglich durch Schock, Blutvergiftung und Infektionen. Viele Frauen sterben bei der Geburt ihres ersten Kindes als Folge dieses schrecklichen, Frauen verachtenden Aberglaubens.
Welche Formen von FGM gibt es?
Ausschneiden der Klitoris-Vorhaut („Sunna-Beschneidung") und der Klitoris oder von Teilen davon.
Ausschneiden der Klitoris-Vorhaut, der Klitoris und der inneren Schamlippen oder von Teilen davon. Typ 1 und 2 sind die häufigsten Arten von FGM: Achtzig Prozent aller betroffenen Frauen haben sie mitgemacht.
Ausschneiden von Teilen oder der gesamten äußeren Geschlechtsteile („Infibulation", auch „pharaonische Beschneidung" genannt). Anschließend werden die Stümpfe der äußeren Schamlippen zusammengenäht, so dass nur eine winzige Öffnung bleibt, damit Urin und Menstruationsblut ablaufen können. Vor Geschlechtsverkehr und Geburt muss die Narbe wieder geöffnet werden, was zusätzliche Schmerzen verursacht. Die Infibulation ist vor allem am Horn von Afrika und seinen Nachbargebieten verbreitet – so in Somalia, Djibouti und Eritrea, ebenso im Nord-Sudan und im südlichen Ägypten. Sie ist die schlimmste Form von FGM und betrifft 15 Prozent der Frauen.
Anstechen, Durchstechen, Einschneiden oder Dehnen der Klitoris oder der Schamlippen, auch Vernarben durch Brandwunden, Abschaben der Vaginalöffnung oder Einführen von ätzenden Substanzen oder Kräutern, um die Vagina zu verengen.
Jede andere Prozedur, bei der die weiblichen Geschlechtsteile verletzt oder beschnitten werden.
Wer führt den Eingriff durch?
In der Regel sind es professionelle Beschneiderinnen, die den Eingriff vornehmen und sozial sehr angesehen sind. FGM wird aber auch von traditionellen Geburtshelferinnen oder Hebammen, seltener von Heilern, Barbieren oder in westlicher Medizin ausgebildeten Schwestern oder Ärzten durchgeführt. Der Eingriff erfolgt in der Regel ohne Betäubung und unter katastrophalen hygienischen Bedingungen. Als Instrumente dienen unter anderem Messer, Scheren, Rasierklingen oder Glasscherben.
Erfolge im Kampf gegen die FGM
Durch die Bücher von Waris Dirie wurde weibliche Genitalverstümmelung zu einem weltweiten Thema. Auf massiven Druck der internationalen Staatengemeinschaft haben seit 1997 14 afrikanische Staaten u.a. Kenia, Ghana, Burkino Faso, Elfenbeinküste, die Zentral Afrikanische Republik, Benin und Togo Genitalverstümmelung per Gesetz verboten.
Im Senegal werden noch immer viele Mädchen an ihren Genitalien beschnitten. Besonders im Süden und Osten des Landes ist die jahrhundertealte Tradition tief verwurzelt. Unbeschnittene Frauen gelten als unrein und haben kaum Heiratschancen. Die genitale Verstümmelung/Beschneidung ist für die Mädchen extrem schmerzhaft und oft sogar lebensbedrohlich. Viele leiden ein Leben lang unter Beschwerden. Ein tiefgreifender Wandel gegenüber der Tradition ist nur durch Bildung möglich. UNICEF unterstützt deshalb gemeinsam mit der Organisation TOSTAN spezielle Bildungskurse besonders für Mädchen und Frauen - mit Erfolg: Schon über 4.600 Dörfer, die an dem Programm beteiligt waren, haben feierlich erklärt, ihre Töchter künftig nicht mehr beschneiden zu lassen.
In Benin hat die Hilfe von (I)NTACT nach 10 Jahren des intensiven Engagements einen großen Erfolg erzielt: Das Ende der Tradition der weiblichen Beschneidung wurde dort in einem Staatsakt vor der Weltöffentlichkeit am 9. April 2005 feierlich verkündet. Die großen Fetischpriester ehemals beschneidender Ethnien haben der Tradition eine Absage erteilt. Alle bekannten, insgesamt 216 Beschneiderinnen haben das blutige Metier aufgegeben. Die meisten von ihnen haben Dank eines Kleinkredits von (I)NTACT neue Einkommensmöglichkeiten. Über 1200 freiwillige Dorfkomitees wachen heute darüber, dass in ihren Dörfern die Mädchen nicht mehr beschnitten werden.
(I)NTACT leistet auch Aufklärungsarbeit in Deutschland
Auch in Deutschland leben schätzungsweise 30.000 Frauen afrikanischer Herkunft, die beschnitten sind. Fünftausend Mädchen sind potenziell von Genitalverstümmelung in unserem Land bedroht. Fachleute aus Medizin, Recht und Bildung werden zunehmend mit diesem Brauch konfrontiert. (I)NTACT betreibt darum auch in Deutschland Informationsarbeit, steht Betroffenen als Ansprechpartnerin zur Verfügung und begleitet Migrantenvereine bei ihren Aufklärungsprojekten.
Deutschsprachige Literatur zu weiblicher Genitalverstümmelung
Abdi, Nura mit Leo G. Linder: Tränen im Sand
Nura Abdi floh während der Unruhen des Bürgerkriegs aus ihrer geliebten Heimat Somalia nach Deutschland. Erst nach und nach verstand sie, warum die europäischen Frauen so anders sind als sie. Sie berichtet offen von den Qualen der Beschneidung, denen Mädchen in Somalia noch immer ausgesetzt sind und plädiert leidenschaftlich für ein selbstbestimmtes
Accad, Evelyne: Die Beschnittene
Dirie, Waris mit Miller, Cathleen: Wüstenblume
Vom Nomadenleben in der somalischen Wüste auf die teuersten Designer- Laufstege der Welt - ein Traum. Und ein Alptraum, denn Waris Dirie wurde im Alter von fünf Jahren Opfer eines grausamen Rituals: Sie wurde beschnitten. In „Wüstenblume" bricht sie ihr jahrelanges Schweigen und erzählt ihre Geschichte.
Dirie, Waris mit d' Haem, Jeanne : Nomadentochter
Dirie, Waris: Schmerzenskinder
Dirie, Waris: Brief an meine Mutter
Hermann, Conny (Hrsg.): Das Recht auf Weiblichkeit
In authentischen Beiträgen berichten die Autorinnen, warum Menschen in den betroffenen Ländern Afrikas an dem grausamen Ritual festhalten. Das Buch beschreibt zudem die rechtliche und soziale Situation der betroffenen Menschen in Europa, denn selbst in Deutschland werden afrikanische Mädchen verstümmelt. Es gibt Einblick in viele Initiativen gegen Genitalverstümmelung im In- und Ausland, und zeigt, in welcher Form man sich in eine Fremde Kultur einmischen kann und muss.
Kassindja, Fauziya und Miller-Bashir, Layli: Niemand sieht dich, wenn du weinst
Am Abend ihrer erzwungenen Hochzeit, nur wenige Stunden vor dem grausamen Ritual der Beschneidung flieht die 17-jährige Muslimin Fauziya Kassindja Hals über Kopf aus ihrem Heimatland Togo ins Ungewisse. Doch in den USA findet sie sich statt in Freiheit in einem realen Alptraum wieder, im Gefängnis, aller Rechte und ihrer Menschenwürde beraubt. Der jungen Anwältin Layli Miller Bashir gelingt es, juristische Experten, Frauen- und Menschenrechtsorganisationen, prominente Journalistinnen und Politikerinnen auf Fauziyas Fall aufmerksam zu machen.
Keita, Fatou: Die stolze Rebellin
Malimouna ist 14, als sie nur durch einen glücklichen Zufall der traditionellen Beschneidung entgeht. Sie flieht in die nächstgelegene Stadt und beginnt einen langen, mutigen Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen.
Korn, Fadumo: Geboren im großen Regen
Faduma Korn erlebt eine freie und unbeschwerte Kindheit in Somalia. Doch die rituelle Beschneidung, der sie sich im Alter von acht Jahren unterziehen muss, beschert ihr einen schweren Rheumatismus, der sie ihr ganzes Leben lang begleitet. Mit neun Jahren kommt sie zu ihrem Onkel, dem Bruder des Staatspräsidenten von Somalia - ein Leben in unvorstellbarem Luxus. Weil sich ihre Erkrankung verschlimmert, wird sie zur Therapie nach Deutschland geschickt.
Korn, Fadumo: Schwester Löwenherz.
Eine mutige Afrikanerin kämpft für Menschenrechte
Lightfoot-Klein, Hanny: Das grausame Ritual
Jedes Jahr werden 2 Millionen Afrikanerinnen an den Genitalien verstümmelt - 150 Millionen Frauen sind es weltweit. Betroffene, Anthropologen und Soziologen, Politiker und Schriftsteller schildern Gründe für die Tradition sowie Strategien zur Bekämpfung.
TERRE DES FEMMES (Hg.): Schnitt in die Seele
Autorinnen und Autoren aus verschiedenen Ländern setzen sich in diesem Buch mit der Thematik der weiblichen Genitalverstümmelung auseinander. Neben einer Fülle von Grundlageninformationen liefert das Buch Erfahrungsberichte Betroffener und engagierter Frauen und Männer. Ein weiteres Kapitel widmet sich der Unterstützung und Beratung von betroffenen Mädchen und Frauen. Darüber hinaus werden rechtliche Regelungen erläutert und aktuelle Aktionen und Projekte vorgestellt. Exkurse runden den Inhalt ab.